"Die einzige Konstante dieser Flusslandschaft ist ihre ständige Veränderung. Nichts ist hier rechtwinklig und glattgebügelt, alles lebt in feinsinnigen Schwingungen und Wellen, zeitlich wie räumlich. Junge Triebe finden ihren Platz neben alten Baumveteranen. Wasser, Wiese und Wald gehen fließend ineinander über. Der Fluss kennt keine starren Grenzen ... Die Flusslandschaft Elbe bietet Orte, die alles in sich bergen, was der Mensch wirklich braucht und wonach er sich sehnt: Die Stille, wie die leisen Töne für das Ohr. Weite, Licht und Schönheit für das Auge, die Vielfalt des Lebendigen, den Strom von Zeit und Ewigkeit. Hier gibt es Einsamkeit wie auch Geborgenheit. Balsam für die Seele. Ein Ort zum Umschalten. Ein öffentlicher Raum frei von medialer Umweltverschmutzung, in dem einzig die Natur für sich selbst wirbt. Ein Raum, der uns ohne jede Bewertung aufnimmt."
Ernst Paul Dörfler: Die Elbe - Vom Elbsandsteingebirge bis nach Geesthacht.
Die Elbe ist ein Lebensraum, für viele ist sie Heimat. Die Natur hat einen ästhetischen Wert für die Menschen, nicht nur einen Nutzwert!
Friedrich Schorlemmer: Wohl dem, der Heimat hat.
Seitdem ich an der Elbe lebe, zieht es mich bei meinen Spaziergängen magisch zum Fluss. Doch wie oft bleibe
ich auf der Strecke. Mal verliert sich mein Blick in der Weite, mal bleibt er auf Motiven haften, die an Bilder von Caspar David Friedrich erinnern: knorrige Eichen, die Blitz und Sturm
überlebt haben, bizarre Weiden, die dem Hochwasser trotzen, Vogelzüge, Wolkenbildungen, Wasserspiegelungen, im Wind sich wiegendes Schilf, eine
Altwasseridylle ... Manchmal endet der Weg zur Elbe vor einer Senke mit Überschwemmungswasser, das gestern noch nicht da war. Dann genügt ein stiller Gruß von Weitem. Aber ich komme
immer an.
Es hat sich in getrennte Glieder
Ihr hohler Stamm zerklüftet,
Und jedes Stämmchen hat sich wieder
Mit eigner Bork' umrüftet.
Sie weichen auseinander immer,
Und wer sie sieht, der schwöret,
Es haben diese Stämme nimmer
Zu einem Stamm gehöret.
Doch wie die Lüfte drüber rauschen,
So neigen mit Geflüster
Die Zweig' einander zu, und tauschen
Noch Grüße wie Geschwister.
(Friedrich Rückert)
Eine Stadt, wie aus der Zeit gefallen. Kopfsteinpflaster, verwinkelte Fachwerkhäuser, ein alles
überragender Kirchturm, ein verlassener Marktplatz, Stille. Wo spielt das Leben? Hinter den Fenstern, hinter den Vorhängen? An den Festen scheint es zu erwachen, dann wird
es bunt und laut. Aber sobald die Marktstände geschlossen sind, stellt sich die sanfte Melancholie wieder ein, die hier ihr windstilles Reservat gefunden zu haben scheint.
In einer Weide
Mich wiegend, grüss ich mein Gesicht im Wasser
Traum hier, Traum dort, ein Spiegel trennt uns beide.
(Rudolf Borchardt)